Hartz IV gehört auf den Müllhaufen der Geschichte – LINKE. Bremen fordert nach Entscheidung des Sozialgerichts Gotha die sofortige Aussetzung von Sanktionen

Das Sozialgericht Gotha hat entschieden, dass Hartz-IV-Sanktionen, also Kürzungen des Arbeitslosengeldes bei z.B. Terminversäumnissen und abgelehnten Jobangeboten, die Würde des Menschen verletzen (Az.: S 15 AS 5157/14). Weil die im Sozialgesetzbuch stehenden Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter nach Ansicht des SG Gotha gegen mehrere Artikel im Grundgesetz verstoßen, obliegt es nun dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, zu überprüfen, inwieweit die Sanktionsregelungen verfassungswidrig sind.

Doris Achelwilm und Christoph Spehr, LandessprecherInnen der LINKEN. Bremen, kommentieren: „Mit dieser Entscheidung kommt hoffentlich erst ein Stein und dann eine Lawine ins Rollen. Es ist traurig genug, dass die Hartz-Gesetzgebung das grundgesetzlich verankerte Sozialstaatsgebot zehn Jahre lang aushöhlen konnte, ohne dass Politik und Gerichte diesem Unsinn ein Ende gesetzt haben. Grundrechte sind nicht kürzbar. Ein menschenwürdiges Existenzminimum, das per Grundgesetz unveräußerlich ist, muss auch im wahren Leben unveräußerlich sein. Dass Sanktionen stattdessen normale Praxis der Jobcenter sind und sogar zunehmen, ist dazu ein unerträglicher Widerspruch: Menschen, die auf dieses Grundrecht angewiesen sind, werden von staatlicher Seite drangsaliert und geschädigt. Hinzu kommt das gesellschaftliche Stigma als Hartz-IV-Empfänger*in. Es wird Zeit, dass diese verkehrte Welt wieder geradegerückt wird. Mittelfristig braucht es dazu die komplette Abschaffung von Hartz IV und die Einführung einer sanktionsfreien Mindestsicherung.“
 
Aus Sicht der beiden LINKEN-Landessprecher muss das Sozialgerichtsurteil aus Thüringen auch für Bremen und Bremerhaven schnelle Konsequenzen haben. Achelwilm und Spehr: „Die richtige Sofortmaßnahme wäre, die Sanktionspraxis auszusetzen, bis das Bundesverfassungsgericht in dieser Sache entschieden hat. Wir erwarten, dass SPD und Grüne diesen Punkt bei ihren Sondierungsgesprächen offensiv aufnehmen. In den letzten Jahre hat Bremen als Sanktionshochburg von sich reden gemacht. Diesen Umgang mit Erwerbslosen wollen wir hier nicht länger sehen.“

Da nicht unbedingt davon auszugehen ist, dass die Jobcenter angemessen reagieren und Sanktionsbescheide aufgrund der nun gerichtlich angenommenen Verfassungswidrigkeit zugunsten der Betroffenen prüfen, schadet es nicht, als Hartz-IV-Beziehende*r selbst aktiv zu werden und auch dann Widerspruch einzulegen, wenn die Frist abgelaufen ist. Wir zitieren hierzu gerne aus der gestrigen Pressemitteilung von Karola Stange, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Thüringer Landtag: ‚Menschen, die von Sanktionsentscheidungen der Jobcenter betroffen sind, sollten mit Verweis auf den gestern von der 15. Kammer des Sozialgerichts Gotha gefassten so genannten Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht umgehend beim zuständigen Jobcenter Widerspruch einlegen und einen Antrag auf Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung in Karlsruhe stellen. Sollte das Bundesverfassungsgericht zugunsten der Betroffenen entscheiden, könnten dann auch andere Betroffene die Nachzahlung der gekürzten Beträge verlangen.‘

Die Red.