Betriebskontrollen des Zolls: Erschreckend hohe Zahl von Mindestlohnverstößen und benachbarten Straftaten in Bremen und Bremerhaven

Im vergangenen Jahr hat der Zoll bei Betriebskontrollen in Bremen und Bremerhaven 2.788 Verstöße gegen das Mindestlohngesetz und benachbarte strafrechtliche Vorschriften (v.a. Betrug nach § 263 StGB) ermittelt. Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der LINKEN-Abgeordneten Doris Achelwilm hervor. In 2.700 Fällen leiteten die Behörden Strafverfahren ein. Bei weiteren 88 Fällen handelte es sich um Ordnungswidrigkeiten nach Mindestlohngesetz (siehe Anhang). 

Mit insgesamt 2.176 eingeleiteten Strafverfahren war das sog. „sonstige Gewerbe“ mit Abstand am häufigsten betroffen. Zu diesen „sonstigen Gewerben" zählt auch der Hafensektor, für den die Arbeitsstatistik der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Zollverwaltung keine gesonderten Daten erfasst. Auffällig ist insbesondere die enorme Häufung von 2.081 Betrugsverfahren, die das Hauptzollamt Bremen im vergangenen Jahr bei Prüfungen im „sonstigen Gewerbe“ eingeleitet hat. Aber auch im Gaststätten- und Hotelgewerbe verstießen Unternehmen häufig gegen das Mindestlohngesetz. 

Doris Achelwilm kommentiert: „Bremen weist eine erschreckend hohe Zahl an Verstößen gegen das Mindestlohngesetz und benachbarte Strafvorschriften auf. Diese Masse an Zuwiderhandlungen ausbeuterischer Unternehmen ist ein Skandal. Damit der Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde, der bekanntlich noch lange nicht vor Armut schützt, wenigstens als verlässliche ‚Untergrenze‘ wirkt, muss der Kontrolldruck durch unangekündigte Betriebsprüfungen erhöht werden. Verstöße gegen das Mindestlohngesetz sind ein ‚Kontrolldelikt‘, von einer hohen Dunkelziffer ist auszugehen. Aktuell sind bundesweit 11 Prozent aller Planstellen bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) nicht besetzt. Diese Lücke muss geschlossen werden, und zwar so, dass die vom Finanzministerium angekündigte personelle Aufstockung der FKS auch Wirkung zeigt.“ 

Achelwilm weiter: „Um Armut zu verhindern, muss der gesetzliche Mindestlohn auf 12 Euro erhöht werden. Und wir brauchen einen Mindestlohn, dessen Einhaltung als selbstverständliches Recht der Beschäftigten kontrolliert wird. Klar ist auch: Die trotz Mindestlohngesetz möglichen Formen moderner Tagelöhnerei können nicht allein strafrechtlich bekämpft werden. Viele Betroffene extrem schlechter Löhne und Arbeitsbedingungen sind EU-Bürger*innen, die besonders unter Existenzdruck stehen. Für diese hochprekäre Gruppe der sog. mobilen Beschäftigten braucht es gut aufgestellte, muttersprachliche Beratungsangebote. Insgesamt muss der Niedriglohnsektor zurückgefahren und umgehend strikt reguliert werden. Dazu gehört, Lohnvermeidungstricks wie die möglichst billige Auslagerung von Arbeitsleistungen an zweifelhafte (Sub-)Subunternehmen zu stoppen.“

Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der LINKEN-Abgeordneten Doris Achelwilm