Fraktion DIE LINKE begrüßt Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern vor geschlechtszuweisenden Operationen

ThemenQueerpolitik

Seit 2011 haben Bundestag und Ministerien sich mit Verbänden und Jurist*innen über die Lebenssituation intergeschlechtlicher Menschen in Deutschland ausgetauscht. Mit dem Koalitions-vertrag 2017 erklärten Union und SPD, geschlechtsangleichende OPs an Kindern weitgehend gesetzlich unterbinden zu wollen. Die alte Lehrmeinung, dass Kinder zu einem bestimmten Geschlecht erzogen werden könnten, wenn nur ihre Körper operativ angepasst würden, ist fachlich überholt und gilt als Verstoß gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit.

Ein Stopp der menschenrechtlich unhaltbaren OP-Praxis ist überfällig und wurde mehrfach u.a. von der Linksfraktion eingefordert; Betroffenenverbände und Menschenrechtsorganisationen kämpfen ebenfalls seit langem dafür. Nun hat das Bundesjustizministerium einen Referentenentwurf zum ‚Schutz von Kindern vor geschlechtsverändernden operativen Eingriffen‘ vorgelegt. Im entsprechend ergänzten §1631c BGB war bisher das Verbot der Einwilligung von Eltern und Sorgeberechtigten in die Sterilisation eines Kinds geregelt. Zukünftig soll auch die Zustimmung zu aufschiebbaren operativen Eingriffen an inneren und äußeren Geschlechtsmerkmalen verboten sein.

Doris Achelwilm, queerpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, kommentiert: „Endlich ist der Gesetzentwurf da. Dass normierende OPs ohne existenzielle Not allein von Mediziner*innen und Eltern entschieden werden können, gehört bald der Vergangenheit an. Zu den guten Lösungsansätzen gehört auch, dass ein Familiengericht hinzugezogen werden soll, um die Klärung von Ausnahmefällen vom OP-Verbot zu begleiten. Es ist unsäglich, dass jährlich rund 1.500 bis 2.000 geschlechtsangleichende Operationen an Säuglingen und Kindern bis zehn Jahren stattfinden – Betroffene, die gegen ihren Willen maskulinisierend oder feminisierend operiert wurden, leiden an den Folgen oft ein Leben lang. Dass ihre Zahl jetzt deutlich zurückgehen dürfte und die geschlechtliche Selbstbestimmung für Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr gestärkt wird, ist ein echter Fortschritt.“

Verbleibende Fragen und Klärungsbedarfe wird die Linksfraktion im Gesetzgebungsverfahren einbringen; geprüft und näher bestimmt werden muss, was im Detail unter Eingriffen zu verstehen ist, „die zu einer Änderung des angeborenen biologischen Geschlechts führen“. Auch fehlen breite Angebote psychosozialer Beratung, über die sich betroffene Eltern mit anderen Eltern und intergeschlechtlichen Erwachsenen austauschen können. Konsequenterweise sollte mit dem OP-Verbot außerdem eine Entschädigung der Menschen einhergehen, die von unnötigen Genitaloperationen betroffen sind.