Bundesverfassungsgericht verhandelt BND-Gesetz – Achelwilm hat nach Bilanz der Überwachungsmaßnahmen gegen Medienschaffende gefragt und sieht Presserechte eingeschränkt

Am 14. und 15. Januar verhandelt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) über das seit 2017 geltende BND-Gesetz ("Gesetz zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung"). Dieses räumte dem Bundesnachrichtendienst für das Ausland neue Befugnisse ein, die im Inland tabu sind. Allgemein ist anlasslose Überwachung der Kommunikation von Bürger*innen in Deutschland verboten. Für die Presse gelten im Besonderen das Redaktionsgeheimnis und der Quellenschutz. Für das Ausland wurden diese Regelungen durch das BND-Gesetz ausgehebelt: Hier darf der BND anlasslos sämtliche Kommunikation anzapfen, wovon auch Berufsgeheimnisträger*innen wie Journalist*innen betroffen sind. Reporter ohne Grenzen und weitere Journalistenorganisationen sowie die Gesellschaft für Freiheitsrechte haben dagegen Verfassungsbeschwerde eingereicht. Doris Achelwilm, medienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, hat zu diesem Anlass die Bundesregierung nach einer Bilanz der Überwachungsmaßnahmen gegen Medienschaffende gefragt und kommentiert die Antwort aus dem Bundeskanzleramt.

"Das BND-Gesetz ist ein Angriff auf die Rechte von Medienschaffenden im Ausland, was selbstverständlich bei internationalen Recherchen auch auf Pressefreiheiten im Inland zurückwirkt. Zum Beispiel bei den Veröffentlichungen zur Ibiza-Affäre oder den Panama Papers können potenziell deutsche Journalist*innen ausgespäht worden sein – allein die Möglichkeit schwächt das Redaktionsgeheimnis. Sicherheitsbehörden sollten unsere Presserechte wahren, nicht aushöhlen. Warum die im Grundgesetz garantierten Menschenrechte wie Meinungsfreiheit oder das Telekommunikationsgeheimnis auf Deutschland beschränkt sein sollten, ist nicht einzusehen. Für die Presse und das Informationsbedürfnis der Gesellschaft bleibt zu hoffen, dass das BVerfG dieser Auffassung folgt."

Als weiteres Kernproblem des BND-Gesetzes sieht Achelwilm, dass die Kontrollmöglichkeiten oder Rechenschaftspflichten des Geheimdienstes mit den ausgeweiteten Befugnissen des BND nicht mithalten. Wie unzulänglich die parlamentarische Kontrolle gegenüber dem BND ausfällt, zeigt die Anfrage von Doris Achelwilm an die Bundesregierung zur Bilanz der Ausspäh-Maßnahmen gegen Pressevertreter*innen deutlich. Das Kanzleramt gibt nichts Konkretes heraus: Diese Information sei – selbst unter höchsten Geheimhaltungsauflagen – zu brisant, als dass der BND sie preisgeben könne. Die erbetene Information würde "derart schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berühren, dass das Staatswohl gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht wesentlich überwiegt".

"Hier wird klar: Dem BND wurde gewissermaßen ein Freibrief für willkürliches Ausspähen weltweit ausgestellt. Selbst wenn der BND rechtswidrige oder willkürliche Maßnahmen wie Späh-Aktionen gegen Journalist*innen durchführen würde, könnten das Parlament und die breitere Öffentlichkeit darüber im Unklaren bleiben. Angemessene öffentliche Kontrolle ist im Gesetz nicht vorgesehen. Mit umfassenderen Befugnissen eines Geheimdienstes auch seine Kontrollmöglichkeiten anzuheben, wäre das Mindeste. Hier muss die Bundesregierung dringend nachstellen und dem BND wieder Zügel anlegen. Medienfreiheit muss auch an dieser Stelle gelten", so Achelwilm abschließend.

Die Antwort aus dem Bundeskanzleramt auf Doris Achelwilms Anfrage zur Überwachung von Medienschaffenden durch das BND-Gesetz finden Sie hier.