Pressefreiheit für Bundesregierung kein großes Thema – Doris Achelwilm fordert Strategie zur Stärkung von Presse- und Medienfreiheit und kritischem Journalismus

Mit einer Kleinen Anfrage hat die Fraktion DIE LINKE auf Initiative von Doris Achelwilm, medienpolitische Sprecherin, Aktivitäten der Bundesregierung zum Thema Pressefreiheit erfragt. Es geht u.a. um das internationale Engagement der Bundesregierung zur Wahrung und Stärkung von Pressefreiheit, um Übergriffe auf Journalist*innen bei rechten Demos und Schutzaufgaben der Polizei, um Presseauskunftsrechte gegenüber Bundesbehörden, um Whistleblowerschutz sowie um neue polizei- und geheimdienstliche Befugnisse gegenüber Redaktionen. Inzwischen liegt die Antwort aus dem Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz vor.

Insgesamt hat Achelwilm das Problembewusstsein der Bundesregierung nicht überzeugt: „Eine Strategie der Bundesregierung, wie Presse- und Medienfreiheit in Deutschland unter veränderten technologischen, politischen und medienökonomischen Vorzeichen gewahrt und gestärkt werden kann, existiert nicht im Ansatz. Ich halte diese programmatische Leerstelle zu akuten Problemen und Herausforderungen von Pressefreiheit für ein grundlegendes Versäumnis.“   

„Europaweit nehmen Drohungen und Gewalttaten gegenüber Journalist*innen zu. Ein Grundrechte-feindlicher Rechtsruck hat in vielen Ländern die Regierungsebene erreicht. Es kommt zu immer mehr staatlichen Einflussnahmen auf vormals unabhängige Medien. Doch die Bundesregierung scheint das nicht wirklich zu interessieren, wenn sie einräumt, den Punkt ‚Pressefreiheit‘ bei offiziellen Anlässen mit Vertreter*innen Österreichs oder Tschechiens überhaupt nicht erörtert zu haben. Auf EU-Ebene kann die Bundesregierung keinerlei Initiativen zur Stärkung der Pressefreiheit vorweisen, sondern mahnt in ihrer Antwort lediglich die grundsätzliche Pflicht der Mitgliedstaaten zur Einhaltung der Grundrechtecharta der EU bzw. (im Falle der Türkei) der Anti-Folterkonvention an. Diplomatische Schlüsse zieht sie nicht.“

Zur außenpolitischen Lage kommentiert Achelwilm: „Angesichts dieser Entwicklungen ergibt das Selbstverständnis der Bundesregierung zu aktuellen Fragen von Pressefreiheit ein erschreckend passives Bild. Hier erwarten wir deutlich mehr Engagement, auch gegenüber Nachbarländern wie Österreich.“

Neue Befugnisse im Polizei-, Straf- und Nachrichtendienstrecht (Online-Durchsuchung, Quellen-TKÜ, Staatstrojaner) sowie deren geplante Ausweitung höhlen mit dem Zeugnisverweigerungsrecht und dem Quellenschutz das Redaktionsgeheimnis insgesamt aus. Hierauf angesprochen, beruft sich die Bundesregierung lediglich auf bisherige Regelungen. Zu den sich noch in Abstimmung befindenden Fragen (Verbot von TOR-Servern für anonymen Internetzugang, Whistleblowerschutz, Verschärfung VS-Gesetz) bezieht die Bundesregierung keine Position. Dazu Achelwilm: „Die Bundesregierung muss den Schutz der Kommunikation aller journalistischen Medienschaffenden in ihrer Gesetzgebung sicherstellen. Polizei- und geheimdienstliche Überwachung der Kommunikation von Journalist*innen im In- und Ausland lehnen wir als LINKE ab. Die bisherigen Fälle müssen aufgeklärt und geahndet werden.“

Auf die Frage nach verstärkten Schulungen der Polizei zum Schutz von Medienschaffenden am Rande rechter Veranstaltungen kann die Bundesregierung in ihrer Antwort keine tatsächliche Verbesserung vorweisen. Achelwilm: „Hier braucht es eine bundesweite systematische Erfassung und Auswertung von Gewaltdelikten gegen Medienvertreter*innen, die konsequente Verfolgung solcher Straftaten sowie zeitgemäße Schulungen der Polizei zu Presserechten.“

Obwohl seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2013 eine klare rechtliche Regelung zum Auskunftsanspruch der Presse gegenüber Bundesbehörden zu schaffen ist, betrachtet die Bundesregierung den derzeit geltenden Minimalstandard für Auskünfte als ausreichend. Doris Achelwilm: „Diese Einschätzung steht in krassem Widerspruch zu Berichten aus der Berufspraxis. Gerichtsverfahren können Jahre dauern, nur große Redaktionen mit Rechtsabteilungen können sich das überhaupt leisten. Dass am Ende vielen Auskunftsersuchen zumindest teilweise stattgegeben wird, bedeutet im Umkehrschluss, dass die Ablehnpraxis der Bundesbehörden illegitim und rechtswidrig ist. Wir fordern einen expliziten gesetzlichen Anspruch der Medien auf umfassenden, schnellen Zugang zu Informationen von Bundesbehörden sowie einen Eilrechtsschutz für Journalist*innen.“

Die Antwort auf die Kleine Anfrage findet sich hier.