Nachgehakt: Unsoziale Rentenkürzungen bei Zeitungszusteller*innen

Die GroKo hat in ihren Koalitionsvertrag geschrieben, dass „bei Minijobs von Zeitungszustellerinnen und Zeitungszustellern der Beitrag zur Rentenversicherung, den die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu tragen haben, befristet für die Dauer von fünf Jahren (…) von 15 auf 5 Prozent abgesenkt“ werden soll. Für Zeitungszusteller*innen bedeutet das im Alter, dass wichtige Rentenanwartschaften fehlen – so weit, so schlecht, zumal Menschen mit Minijobs ohnehin selten armutsfeste Renten bekommen. Im Koalitionsvertrag steht nicht, ob und wie diese einseitige Absenkung der Beiträge kompensiert werden soll. So liest sich die Passage wie ein Geschenk für die Verlagshäuser, die damit einen Teil ihrer Lohnkosten beim Vertrieb absenken können. Erst seit dem 1. Januar 2018 bekommen Zeitungszusteller*innen den vollen gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro - vorher galten Ausnahmeregelungen, die nun offenbar an anderer Stelle erneut geschaffen werden sollen.

Die Reporter*innen von PANORAMA haben zu dem Thema einen sehenswerten Beitrag gemacht: daserste.ndr.de/panorama/archiv/2017/Koalition-Rentenkuerzung-fuer-Zeitungszusteller,panorama8302.html. In dem Beitrag sagt auch Rachel Marquardt von ver.di: "Es trifft mal wieder die Schwächsten (…). Die, die ohnehin die schlechtesten Arbeitsbedingungen haben, nachts raus müssen bei Wind und Wetter, drei Jahre lang vom vollen Mindestlohn ausgenommen waren und jetzt auch noch Renteneinbußen haben sollen, wo sie ohnehin schon so wenig verdienen. Das geht nicht. Und es steht für uns auch völlig im Widerspruch zu dem Programm der SPD an sich."

Interessanterweise schieben sich Union und SPD gegenseitig die Verantwortung zu, niemand will sich so recht erinnern, wie diese Passage in den Koalitionsvertrag gekommen ist. Ich habe deshalb die Bundesregierung gefragt, ob Verlagshäuser bei den Ministerien eine Absenkung der Rentenbeiträge für Minijobs von Zeitungsaussteller*innen gefordert hatten. Die Antwort: „Entsprechende Forderungen aus dem Jahr 2017 sind der Bundesregierung nicht bekannt.“ Natürlich treffe man sich regelmäßig mit den großen Zeitungsverlagen und ihrem Interessenverband, aber darum sei es nicht gegangen.

Die Linksfraktion bleibt dran und streitet gegen solche Vorschläge, die einzig und allein zulasten von ohnehin prekär Beschäftigten gehen. Spätestens, wenn dieses unsoziale Vorhaben in Gesetzesform gegossen werden soll, müssen auch SPD und Union öffentlich erklären, wie sie auf solche Ideen kommen und mit dem Problem zunehmender Altersarmut weiter umzugehen gedenken.