„Internationaler Tag für die Beseitigung der Armut“: Es reicht!

Das Symptom heißt Armut, das Problem heißt Reichtum. Die jahrzehntelangen Schonungen von Unternehmensgewinnen und privaten Vermögen haben Staat, Politik und Demokratie geschwächt, die öffentlichen Infrastrukturen prekär werden lassen und diejenigen, die letztlich die Arbeit machen und Gesellschaft alltäglich am Laufen halten, als bloße ‚Kostenträger‘ behandelt und vom gesellschaftlichen Reichtum ausgeschlossen. Das rächt sich jetzt.

Die Zuwanderung von Menschen, die vor Krieg und Elend fliehen, das resultierende Wachstum der Bevölkerung und die unverantwortliche Kluft zwischen Arm und Reich erfordern zwingend eine handlungsfähige öffentliche Infrastruktur und sozial gerechte Umverteilung. Privater Reichtum und Kapitalgewinne, die nur noch in Finanzmärkte investiert werden, müssen jetzt herangezogen werden, um die öffentlichen Anforderungen zu erfüllen und soziale Sicherheit wiederherzustellen.

Die regierende Politik weicht dieser Konsequenz, gegen die Zuspitzung von Armut auf der einen und Reichtum auf der anderen Seite vorzugehen, mit aller Gewalt aus. Statt angesichts der immer fragwürdiger erscheinenden Schuldenbremse über die Wiedereinführung von Vermögensteuer und höhere Spitzensteuersätze zu diskutieren, wird die Erbschaftssteuer von der Großen Koalition noch Reichen-gefälliger gemacht. Statt öffentliche Arbeitsplätze zu schaffen und gerade jetzt auf die Einhaltung von Standards in der Privatwirtschaft zu achten, will die Große Koalition in Berlin den Mindestlohn aufweichen und Geflüchtete in Leiharbeit und eine neue 'Generation Praktikum' lenken. Nachdem er die Solidarität in Europa durch das Griechenland-Diktat aufgekündigt hat, denkt Finanzminister Schäuble jetzt über Sozialleistungskürzungen in Deutschland nach. Eine neue Ausweitung und Verschärfung von Armut soll dazu herhalten, die Mauern um den privaten Reichtum noch höher zu ziehen.

In Bremen unter einer rot-grünen Landesregierung läuft es nicht besser. Die jahrelang systematisch vernachlässigte Infrastruktur bröckelt an allen Ecken und Enden, während der Senat nach Berlin signalisiert, man könne den Kürzungskurs wie geplant auch noch weiter fortsetzen. Städtischer Raum wird für Luxuswohnen und ‚City-Malls‘ verschleudert, während der Wohnraum für Menschen mit geringen Einkommen verschwindet. Ein Bildungskonzept, das die Geflüchteten integriert und die Generationszyklen der Armut unterbricht, ist nicht einmal annähernd in Sicht. Die soziale Spaltung in Bremen und Bremerhaven nimmt unvermindert zu, ohne dass SPD und Grüne eine Notwendigkeit zum Handeln sehen. Parlamentarische Armutsausschüsse werden abgelehnt, Arbeitsmarktprogramme auf Landesebene finden kaum noch statt, Schulen und Kliniken sind überlastet, der ÖPNV wird auf Verschleiß gefahren, Behörden und Ämter sind permanent überfordert.

Mit den Geflüchteten kommen Neu-BürgerInnen zu uns, die zu großen Teilen in der Lage sind, sich gegen Missstände zu organisieren. Über lange Zeit werden sie sich strukturelle Benachteiligungen und die Entsagung von Grundbedürfnissen nicht bieten lassen. Auch die vielen BremerInnen, die mit Arbeitslosigkeit, Hartz IV, Niedriglohn oder Niedrigrente kämpfen müssen, werden sich nicht ewig bieten lassen, dass Politik nichts für ihre Interessen tut. Soziale Rechte sind unteilbar. Statt Konkurrenz zwischen den Benachteiligten ist Umverteilung von oben nach unten das Gebot der Stunde.

DIE LINKE. Bremen erneuert zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut mit Nachdruck ihre Forderung nach einer Vermögensteuer und einem deutlich höheren Spitzensteuersatz, nach der effektiven Verfolgung von Steuerflucht, nach auskömmlichen Sozialleistungen für alle Bedürftigen, nach bezahlbarem Wohnraum für alle und nach Bildungssystemen, die soziale Privilegien überwinden statt verstärken. Es reicht.

Doris Achelwlm und Christoph Spehr (beide Landessprecherin)