Tag der Pressefreiheit am 3. Mai – Pressefreiheit in Corona-Zeiten bedrohter als zuvor

Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai erklärt Doris Achelwilm, Sprecherin für Medienpolitik der Fraktion DIE LINKE im Bundestag: 

"Erst vorgestern kam es in Berlin zu einem Übergriff von einer rund 15-köpfigen Gruppe auf ein Team der ZDF-heute-show. Vier Journalist*innen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Sechs Tatverdächtige wurden festgenommen. Näheres ist noch nicht bekannt, gleichwohl ist diese Tat neuester Ausdruck zunehmender Aggressionen gegen Vertreter*innen der Presse. Ich spreche den Betroffenen meine volle Solidarität aus und erwarte von den zuständigen Politikebenen, dass sie Maßnahmen ergreifen, Presse aktiv vor Übergriffen zu schützen.“

Achelwilm weiter: „In Zeiten der Pandemie zeigt sich auch in Bezug auf die Medien wie in einem Brennglas, dass journalistische Arbeit von zentraler Bedeutung und gleichzeitig nicht vor Krisenrisiken sicher ist. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie belasten viele Redaktionen und regionale Medienangebote. Freischaffende Journalist*innen, Verlage und Sender geraten aufgrund wegbrechender Aufträge und Anzeigenerlöse finanziell unter Druck. Bund und Länder müssen Hilfen organisieren, um unter Wahrung journalistischer Unabhängigkeit die Vielfalt unserer Medienlandschaft, mediale Teilhabe auch im ländlichen Raum und die Existenzen und Arbeitsmöglichkeiten freier Medientätiger abzusichern.

Unabhängig von der Corona-Krise liegen auf Bundes- und EU-Ebene Gesetzentwürfe und Verordnungen vor, die Ausspähmöglichkeiten der Online-Kommunikation vorsehen und journalistischen Quellen- und Informant*innenschutz weiter schleifen. Derartige Beschlüsse würden Pressefreiheit, wie sie im 21. Jahrhundert zu verstehen ist, nachhaltig einschränken. Angesichts des Präzedenzfalls für Pressefreiheit ‚Julian Assange‘ braucht es breites politisches Engagement für die Freilassung des Enthüllungsjournalisten und Wikileaks-Mitbegründers, der gesundheitlich angeschlagen in Großbritannien inhaftiert ist und sich dem Auslieferungsgesuch der USA mit einem möglichen Strafmaß von bis zu 175 Jahren Gefängnis stellen muss, weil er Kriegsverbrechen an die Öffentlichkeit brachte.

Ein weiteres Thema ist die internationale Aushöhlung von Pressefreiheit in autoritär regierten Ländern. Journalist*innen, die u.a. in der Türkei in Gefängnissen sitzen, weil sie politisch unliebsame Standpunkte vertreten oder über Corona-Gefährdungen berichteten, müssen freigelassen werden. Die Bundesregierung ist hier gefordert, über internationale Ebenen entsprechend zu wirken.

Gewaltakte gegen Medienvertreter*innen, wie sie zuletzt gestern in Berlin verübt wurden, wie sie von zahlreichen rechten Demos bekannt sind und in anderen Kontexten Journalist*innen betreffen, die etwa über die unmenschlichen Zustände in den Flüchtlingslagern an den EU-Außengrenzen berichten, müssen politisch ernster genommen und systematischer juristisch verfolgt werden werden. Ein ausermittelter schwerer Angriff auf zwei Journalisten durch Neonazis im Thüringischen Fretterode wurde nach über zwei Jahren noch immer nicht zur Anklage gebracht.

Es fehlen Aktionsprogramme und konkrete Maßnahmen, die unhaltbare systematische Angriffe von rechts auf die Medien zurückdrängen und sich vor betroffene Journalist*innen stellen. Initiativen einzelner Länder, die Polizei speziell zum Schutz der Presse zu schulen, sollten bundesweit Schule machen. Wohnortadressen von Journalist*innen müssen flächendeckend über Meldedatensperren geschützt werden. Mit Blick auf die kommende EU-Ratspräsidentschaft ist die Bundesregierung gut beraten, die Kommunikationsgrundrechte zu stärken, bundes- wie EU-weit im Rahmen der Terreg-Verhandlungen. Sperr-Entscheidungen gegen die Verbreitung terroristischer Inhalte dürfen nicht einfach den Plattformen und Algorithmen überlassen werden, Meinungsbeiträge von Whistleblowern und Journalist*innen dürfen nicht durch unbestimmte Restriktionen willkürlich eingeschränkt werden.

Pressefreiheit gerät immer wieder unter Beschuss und ist nie selbstverständlich. Sie muss mit breiter demokratischer Kraft gegen alle Angriffe und Aushöhlungen verteidigt werden.“